Menu

Vollblutbankerin mit Schweizer und türkischen Wurzeln

20 min.
Flury

von Daniel Flury

22 Beiträge

Für Melek Ates dreht sich seit ihrem 15. Lebensjahr beruflich alles ums Banking, insbesondere um das Firmenkundengeschäft. Genau für diesen Bereich ist die Vollblutbankerin seit 1. Oktober 2024 bei der Bank WIR als Leiterin und Mitglied der Geschäftsleitung verantwortlich. Doch nicht nur das: Die für die Bank WIR immer wichtiger werdenden Privatkunden fallen ebenfalls in ihren Zuständigkeitsbereich.

Als neue Leiterin Privat- und Firmenkunden hättest du eigentlich Anspruch auf 100 Tage Schonfrist – wir sind etwas ungeduldiger: Was für ein Bild hast du dir nach 50 Tagen – zum Zeitpunkt des Interviews – von der Bank WIR gemacht?

Melek Ates: Ich durfte feststellen, dass die Bank WIR ihre bodenständige, genossenschaftliche Tradition lebt und sich gleichzeitig dynamisch auf die Zukunft ausrichtet. Es ist in ihrer DNA verankert, dass sie ihren Firmenkunden – und nun auch Privatkunden – in der Summe den besten Mehrwert aus unterschiedlichen «Ökosystemen» anbieten will. Das trifft genau meine Überzeugungen von Verbundenheit, Integrität und Innovationsgeist, die ich nun schweizweit einbringen darf.

Wie erlebst du Basel als Arbeitsplatz und planst du, deinen Lebensmittelpunkt ans Rheinknie zu ver­legen?

Bisher kannte ich Basel in erster Linie von Zoo- und Konzertbesuchen her. Ich freue mich darauf, noch mehr von Basel zu entdecken, aber einen Wechsel des Wohnorts plane ich nicht. Mir ist Verwurzelung sehr wichtig: Privat ist es der Aargau mit meinem Wohnort Seon, beruflich ist es das Bankgeschäft. Zudem ist Seon in gewisser Hinsicht zentraler als Basel (lacht) – man ist schnell in Bern, Luzern, Zürich, Zug, Solothurn oder im Baselbiet. Mit anderen Worten: Über die A1 sind alle Marktgebiete der Bank WIR, inklusive Tessin und Romandie, rasch erreichbar.

Vollblutbankerin

Du bist von der Aargauischen Kantonalbank AKB zur Bank WIR gestossen: Über 10% der WIR-KMU-Kunden befinden sich im Kanton Aargau. Wie hast du die Bank WIR während deiner AKB-Zeit wahr­genommen?

Viele Aargauer KMU, vor allem aus dem Bau- und Immobiliensektor, haben Geschäftsbeziehungen mit der Bank WIR. Ich stellte eine gewisse Dankbarkeit für das WIR-System fest, das zu zusätzlichem Geschäftsumsatz und spannenden Bauprojekten führte sowie einigen Firmeninhabern ermöglichte, ihr Vermögen aufzubauen. Im Aargau hatte ich weniger wahrgenommen, mit welcher Dynamik die Bank WIR ein umfassendes Bankangebot für Privat- und Firmenkunden entwickelt.

Die Bank WIR sieht sich als «bodenständige Genossenschaftsbank». Was verbindest du mit diesem Missionsversprechen?

Mit dem Versprechen einer bodenständigen Genossenschaftsbank verbinde ich die Nähe zu den Menschen und KMU. Sie steht für Schweizer Werte wie Gemeinschaft, Stabilität und das Ziel, einen nachhaltigen Mehrwert für Mitglieder und die Gesellschaft zu schaffen.

«Die genossenschaftliche Identität sollten wir stärker betonen.»

Melek Ates

Apropos Genossenschaftsbank: Etliche Schweizer Unternehmen heben ihren Status als Genossenschaft in der Werbung stark hervor. Wo siehst du die Bank WIR in dieser Beziehung, besteht Nachhol­bedarf?

Ich glaube schon. Es gibt zweifellos Unternehmen, die sich als Genossenschaft vermarkten, sich aber weit von dieser Gesellschaftsform entfernt haben. Bei der Bank WIR ist es eher umgekehrt: Wir leben den Genossenschaftsgedanken und unterstreichen dies zu wenig. Der Bank WIR ist es gelungen, Tradition, Vertrauen und Gemeinschaftsgefühl mit Innovation und Perspektiven für die Zukunft zu verbinden. Diese genossenschaftliche Identität sollten wir noch stärker betonen.

Vollblutbankerin

Melek Ates: «Mir ist Verwurzelung sehr wichtig: Privat ist es der Aargau mit meinem Wohnort Seon, beruflich ist es das Bankgeschäft.»

Vor noch nicht allzu langer Zeit hat sich das Port­folio der Bank WIR auf das WIR-Geschäft sowie auf Spar- und Vorsorgeprodukte beschränkt. Seit einigen Jahren verfolgt die Bank eine erfolgreiche Diversifikationsstrategie. Unter anderem mit dem Resultat, dass sie mit dem «Bankpaket top» praktisch zeitgleich mit deinem Stellenantritt zu einer umfassenden Anbieterin von Bankprodukten geworden ist und heute als Haus- und Hauptbank jeder Schweizerin und jedes Schweizers und auch von KMU fungieren kann. Hat dies deinen Entscheid «pro Bank WIR» beeinflusst?

Absolut! Die Bank WIR überzeugt mit einer breiten Angebotspalette und der Fähigkeit, umfassende Lösungen sowohl für Firmen- als auch für Privatkunden bereitzustellen. Die Ausgangslage ist vielversprechend!

Weshalb ist dieser Weg der Diversifikation für die Bank WIR wichtig?

Mit unseren 20 000 Firmenkunden haben wir bereits zahlreiche Berührungspunkte zu Unternehmern, die auch als Privatpersonen Bankprodukte benötigen. Durch die Kombination unseres Bankprodukteportfolios mit innovativen Finanzlösungen führender Fintech-Anbieter wie VIAC und VIAC Invest entsteht für Privatkunden das Beste aus zwei Welten: Bewährte Schweizer Bankkompetenz trifft auf zukunftsweisende Finanztechnologie. Unser Ziel ist es nun, diesen Mehrwert schweizweit noch bekannter zu machen und damit die individuellen Bedürfnisse der Privatkunden optimal abzudecken.

Nutzen wir doch die Gelegenheit, um dich noch persönlich kennenzulernen. Dein türkischer Name Melek Ates bedeutet auf Deutsch Engel (melek) und Feuer (ateş). Finden sich auch in deinem Führungsstil «engelsgleiche» und «feurige» Elemente?

Ich habe tatsächlich beides in mir: Das feurige Element kommt in meiner engagierten und zielorientierten Herangehensweise zum Ausdruck. Gleichzeitig lege ich grossen Wert auf Empathie und Unterstützung. Das prägt meinen Führungsstil, mit einer Kultur von Vertrauen, Inspiration und Empowerment.

Vollblutbankerin

«Faktoren wie Kultur, Führung und Zusammenarbeit sollen genauso professionell behandelt werden wie Kundenorientierung, Zahlen und Fakten.»

Du bist in der Schweiz geboren und aufgewachsen und hast deine Sporen als Bankerin bei der Hypothekarbank Lenzburg abverdient. Was hat dich dazu bewogen, danach in der Türkei die berufliche Laufbahn fortzusetzen?

Nach Abschluss der Banklehre und Berufsmatur bin ich in die Türkei gezogen, weil mein Mann dort ein Unternehmen führte. Ich fand – auch dank meiner Mehrsprachigkeit – eine Anstellung in einer türkischen Grossbank im Firmenkundengeschäft. Mit dem Näherrücken der Einschulung unseres Sohns beschlossen wir den Umzug zurück in die Schweiz.

Sind die Bedürfnisse türkischer KMU mit denjenigen von KMU in der Schweiz vergleichbar?

In der Türkei herrschen sowohl wirtschaftlich wie regulatorisch völlig andere Bedingungen. Es ist ein Umfeld, in dem sich vieles dynamisch verändert. Türkische KMU zeichnen sich folglich durch grosse Anpassungsfähigkeit aus und sind notgedrungen auch so etwas wie Überlebenskünstler. Die Notwendigkeit, sich laufend weiterzuentwickeln und zu digitalisieren, gilt natürlich auch für die Banken.

«Die Jungen wollen alles so unkompliziert wie möglich haben.»

Melek Ates

Auch die Bank WIR verfolgt eine ausgeprägte Digitalisierungsstrategie. Sind unsere Kundinnen und Kunden genügend darauf vorbereitet?

Die Digitalisierung startet im Umgang mit den Mitarbeitenden. Alle sind betroffen, alle müssen sich bewusst sein, was digitale Transformation für das Arbeitsumfeld und die Kundenorientierung bedeutet. Die Schweizer Bevölkerung ist sich mehrheitlich der Vorteile der Digitalisierung bewusst, dies zeigen unter anderem die Ergebnisse der Studie «Digital-Radar Schweiz – Monitor Bank WIR» der Fachhochschule Nordwestschweiz. Vor allem die Jungen wollen alles so einfach und unkompliziert wie möglich haben. Wir sind digital sehr gut aufgestellt und können diese Bedürfnisse als Bank WIR sowie mit unseren kombinierten Angeboten wie etwa VIAC sehr gut abdecken.

Nach deiner beruflichen Karriere und einem Wirtschaftsstudium in der Türkei hat es dich wieder in die Schweiz gezogen, dieses Mal zur (ehemaligen) Neuen Aargauer Bank und dann zur Aargauischen Kantonalbank. Bei der Bank WIR bist du neu nicht nur für die Firmenkunden, sondern auch für die Privatkunden zuständig. Wie unterscheiden sich diese beiden Anspruchsgruppen?

Ich möchte vielmehr die Gemeinsamkeit von Firmen- und Privatkunden betonen: Es geht darum, die Bedürfnisse zu erkennen und mit passenden Angeboten möglichst umfassend abzudecken.

Bei den Firmenkunden bedeutet dies, das jeweilige Geschäftsmodell zu verstehen und massgeschneiderte Lösungen anzubieten. Genauso bei den Privatkunden: Wir müssen die individuellen finanziellen Umstände und Bedürfnisse ganzheitlich berücksichtigen, um personalisierte Lösungen zu entwickeln.

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, gilt es, uns organisatorisch weiter zu stärken und insbesondere den Privatkundenbereich gezielt auszubauen.

«Wir stellen unsere Kunden konsequent in den Mittelpunkt.»

Melek Ates

Bei der Bank WIR umfasst der Bereich Privat- und Firmenkunden nicht nur die Kundenberatung im Beratungszentrum, in den Filialen sowie beim Grosskunden-Team, sondern auch das Produkt­management und das Marketing mit Vermarktung, Corporate Communication und den Events. Welche Synergien ergeben sich daraus?

Diese Organisation hat mich sehr motiviert und war mitentscheidend für meinen Wechsel zur Bank WIR. Weder Marketing noch Produktmanagement sind völliges Neuland für mich – bereits bei früheren Arbeitgebern habe ich an Gesamtbankthemen und einschlägigen Projekten mitgewirkt.

Durch die Zuständigkeit für die Vertriebsorganisation inklusive Marketing und Produktmanagement haben wir die Möglichkeit, eine klare, gemeinsame Stossrichtung zu definieren und umzusetzen. Unsere Kunden stellen wir dabei konsequent in den Mittelpunkt.

Deine frühere Arbeitgeberin betreut Kundinnen und Kunden aus dem Kanton Aargau. Die Bank WIR ist schweizweit tätig, auch im Tessin und der Romandie. Hilft dir deine Zugehörigkeit zu zwei Kulturen im Umgang mit den unterschiedlichen Mentalitäten in der Schweiz?

Wenn man in zwei Kulturen zu Hause ist, hilft dies bestimmt, andere Mentalitäten zu verstehen und darauf einzugehen. Ich glaube, dass auch ich über ein gutes Mass an Einfühlsamkeit im persönlichen Austausch mit anderen Menschen – egal welcher Herkunft oder kultureller Identität – verfüge.

Inwieweit ergeben die neun Filialen der Bank WIR angesichts der zunehmenden Digitalisierung – Stichwort Self-Onboarding – und rückläufiger Schalter­frequenzen auf den Filialen noch Sinn?

Die Digitalisierung ist Teil unseres Geschäftsmodells und wird auch für die Filialen weiterentwickelt. In unseren Filialen findet das klassische Firmenkundengeschäft und somit unser Kerngeschäft statt. Durch die Marktpräsenz leben wir die Nähe zum Marktgebiet. Mit dem erwähnten Self-Onboarding – nun auch für Firmenkunden – haben wir ausserdem die Chance, einfach und digital eine Firmenkundenbeziehung zu eröffnen.

Und zum Schluss noch dies: Du bist die einzige Frau in der fünfköpfigen Geschäftsleitung der Bank WIR. Würdest du dir einen höheren Frauen­anteil in diesem Gremium wünschen?

Unabhängig vom Geschlecht erachte ich eine gute Mischung aus unterschiedlichen Perspektiven als klaren Vorteil. Mir ist es wichtig, dass Faktoren wie Kultur, Führung und Zusammenarbeit genauso professionell behandelt werden wie Kundenorientierung, Zahlen und Fakten. Das gelingt in unserem Gremium sehr gut.

Persönlich

Melek Ates ist 1975 geboren, verheiratet und Mutter eines 26-jährigen Sohns. Zwei Jahre nach Abschluss ihrer Banklehre mit Berufsmatur bei der Hypothekarbank Lenzburg war sie von 1995 bis 2004 für die türkische Akbank in der Firmenkundenberatung tätig. Nach der Rückkehr in die Schweiz arbeitete sie als Firmenkundenberaterin und Teamleiterin für die Neue Aargauer Bank und ab 2019 als Firmenkunden-Sektorleiterin und stellvertretende Regionenleiterin sowie Leiterin Firmenkunden für die Aargauische Kantonalbank. Seit 1. Oktober 2024 zeichnet sie als Mitglied der Geschäftsleitung für den Bereich Privat- und Firmenkunden der Bank WIR verantwortlich. Diese Funktion übernahm sie von Matthias Pfeifer, der seinerseits am 1. März 2025 Bruno Stiegeler als Vorsitzender der Geschäftsleitung ablöst.

 

Ihre Ausbildung hat Melek Ates komplementiert durch ein Wirtschaftslizenziat der Anadolu-Universität, einen Master of Advanced Studies (MAS) in Banking&Finance (FHNW Brugg) und einen Exe­cutive Master of Business Administration (EMBA) in Digital Transformation der Universität Zürich.

Zu ihren Hobbys zählt Melek Ates Tanzen, Zumba und Kitesurfen.

Kommentare

Zu diesem Beitrag gibt es noch keine Kommentare.

Ihr Kommentar

Abbrechen Neuen Kommentar erfassen
Kein Kommentar

Nächster Artikel

Inside Bank WIR

Mehr aus der KategorieInside Bank WIR

Ich bin keine ‹Berggeiss›

Seit Anfang Jahr ist Elena Hartmann Markenbotschafterin der Bank WIR. Die Schweizer Meisterin im Zeitfahren unterstreicht damit – zusammen mit Franco Marvulli – den Auftritt der Bank als Premium Partner der Tour de Suisse.

Mehr

Matthias Pfeifer übernimmt von Bruno Stiegeler als CEO

Am 1. März übernimmt Matthias Pfeifer von Bruno Stiegeler den Vorsitz der Geschäftsleitung. Für den früheren Leiter des Bereichs Privat- und Firmenkunden steht der Kontakt zu den Kunden auch in der neuen Funktion im Fokus. Übergeordnetes Ziel bleiben ein ausgezeichnetes Produkte- und Dienstleistungsangebot für den Schweizer Mittelstand und weiterhin nachhaltig stabile Ergebnisse.

Mehr

Geld macht glücklich, aber…Herbstgespräche 2024

Kein Platz bleibt frei, wenn die Bank WIR ihre Kapitalgebenden an die Herbstgespräche im KKL Luzern lädt. Neben dem obligaten Tour d’Horizon über den gegenwärtigen und künftig zu erwartenden Zustand der Bank stand dieses Jahr die Frage nach dem Glück im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Mehr

Der Unternehmergeist und das Jubiläum der Bank WIR

Der Unternehmergeist ist eine Kolumne von Karl Zimmermann, die auf vergnügliche und dennoch nicht minder klare Art und Weise aufzeigt, wie er, der Unternehmergeist, «funktioniert» – und weshalb ihm in seinem Handeln scheinbar keine Grenzen gesetzt sind.

Mehr