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Tour de Suisse Women 2025: Ein Radsportfest

11 min.

von Jannine Borer

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Die Schweizer Radrundfahrt Tour de Suisse Women feiert in diesem Jahr ein erstes Jubiläum. Während das Rennen der Männer seit 1933 schon über 80-mal ausgetragen wurde, findet das Rennen der Frauen zum fünften Mal statt. Und lockt mit einer – hoffentlich – entscheidenden Veränderung.

Die grossen und namhaften Rundfahrten wie der Giro d’Italia, La Vuelta, die Tour de France haben alle ein Frauen­rennen. Obwohl es kein Reglement gibt, das den Veranstaltern vorschreibt, ein solches durchzuführen, sind die Rennen der Frauen zum Prestige geworden.

«Es ist kein Muss. Wir wollen ein Frauenrennen organisieren.»

Olivier Senn

Das gilt auch für die Tour de Suisse: «Es ist kein Muss. Wir wollen ein Frauenrennen organisieren», sagt Tour-de-Suisse-Direktor Olivier Senn. «Die Entwicklung des Frauen­radsports in den letzten zehn Jahren ist grandios. Es ist gigantisch, ein Teil davon sein zu dürfen.» Diese Einstellung hatte Senn nicht entwickeln müssen. Er war von Anfang an begeistert, als die Idee eines Frauenrennens im Rahmen des 50-Jahre-Frauenstimmrecht-Jubiläums 2021 entstanden war. «Wir wollten den Frauenradsport vorantreiben und wählten bewusst das finanzielle Risiko.»

Weiterentwicklung am Rollen

Die erste Ausgabe der Tour de Suisse Women im Jahr 2021 hatte nur zwei Etappen. Ein Jahr später waren es vier. Dieses Wachstum sei wichtig gewesen, meint Olivier Senn. In diesem Jahr geht die Entwicklung weiter. Nicht mit einer fünften Etappe, sondern mit einer Datumsänderung. Zum ersten Mal findet das viertägige Frauenrennen vor und nicht nach dem Männerrennen statt. Die Frauen starten in Gstaad und fahren vier Tage später in Küssnacht am Rigi ins Ziel. Diese Veränderung ist sportlich und dramaturgisch wesentlich. Sportlich passt das Datum besser in den Rennkalender der Teams, denn so tangiert die Tour de Suisse Women nicht mehr die nationalen Meisterschaften, die global jeweils gleich nach der Tour stattfinden: «Wir hoffen dadurch auf mehr Topshots und mehr World-Tour-Teams bei den Frauen.» Ein Star, die Niederländerin Demi Vollering, Wahlschweizerin und Vorjahressiegerin, hat bereits zugesagt (Stand Mitte März).

Dramaturgisch scheint die Datumsänderung wesentlich, weil die Schlussetappe – also der Höhepunkt des Frauenrennens – mit dem Tourstart der Männer in Küssnacht zusammenfällt. Der Veranstalter erhofft sich dadurch ein Radsportfest mit vielen Zuschauenden und grosser Medienpräsenz – zwei Dinge, die bei Frauenrennen noch Potenzial nach oben haben.

Attraktive Streckenführung

Dabei seien die Rundfahrten der Frauen oft spannender als die der Männer, sagt David Loosli, Sportlicher Direktor der Tour de Suisse. Männerrennen seien taktisch und kontrolliert, der Sieger oft vorhersehbar. Anders bei den Frauen: «Dort sind Überraschungen eher möglich.» Entscheidend dafür sei jedoch die Streckenplanung: «Bei den Frauen mache ich mir andere Überlegungen», sagt Loosli, der seit 2013 die Etappen plant. Beispielsweise verzichtet er am Anfang von Frauen-Etappen auf viele Höhen­meter. Nicht, weil die Frauen nicht imstande wären, diese zu überwinden, sondern weil die Teams kleiner sind und das Leistungsniveau der Athletinnen unterschiedlich hoch. «Ein Berg kann früh zur Splittung des Feldes in mehrere Gruppen führen. Das Rennen würde so an Spannung verlieren.» Aber auch sonst sind die Etappen der Männer nicht kopierbar, weil das Reglement die maximale Distanz eines Etappenrennens vorgibt: Bei Frauen sind es 160, bei Männern 240 Kilometer.

«Gerade die Start- und Ziel­etappen sind extrem cool.»

David Loosli

Noch sind nicht alle Details der Strecke festgelegt. Für David Loosli kristallisieren sich dennoch zwei Höhepunkte heraus: «Die Start- und die Zieletappen in Gstaad und Küssnacht sind extrem cool.» Beides sind Rundrennen. In Gstaad geht das Rennen über den Jaunpass durch die Kantone Bern, Fribourg, Waadt. Und weil es ein Rundrennen ist, kommen die Zuschauenden in den Genuss, die Fahrerinnen zweimal zu sehen – einmal beim Start und einmal bei der Zieleinfahrt. Auf die Schlussetappe freut sich Loosli ebenfalls: «Die Athletinnen fahren eine Acht, zum Michaelskreuz und zur Rigi und kommen mehrmals in der Gemeinde Küssnacht vorbei.» Auch er ist überzeugt, dass es ein Radsportfest in Küssnacht gibt.

Hoher Stellenwert bei Fahrerinnen

Sportlich hat sich die Tour de Suisse Women etabliert. Finanziell betrachtet ist sie jedoch noch mit «Stützrädli» unterwegs. Querfinanziert wird die Frauentour auch im fünften Jahr vom Männerrennen. Obwohl niemand öffentlich den Mehrwert des Frauenrennens bestreitet, geht die Begeisterung der richtig gewichtigen Sponsoren nicht über ein Lippenbekenntnis hinaus. Ein Fakt, der Olivier Senn und David Loosli etwas fragend zurücklässt, denn das Rennen hat sich stets entwickelt. Schon 2023, im dritten Durchführungsjahr, ist die Tour de Suisse Women in die oberste Rennstufe – die UCI Women’s World Tour – aufgestiegen. «Wir haben immer gesagt, wir machen für die Frauen genau dasselbe wie für die Männer – und das wurde von den Fahrerinnen sehr geschätzt», sagt Olivier Senn.

Die Tour de Suisse Women hat sich nach fünf Jahren zu einem wichtigen Rennen für die Fahrerinnen entwickelt. Aber die Fahrerinnen sind auch wichtig für die Tour – ausländische Aushängeschilder genauso wie die Schweizer Weltklasseathletinnen Marlen Reusser, Elise Chabbey, Noemi Rüegg und Linda Zanetti. Ein gut organisiertes Rennen im eigenen Land trifft auf erfolgreiche einheimische Sportlerinnen. Eigentlich ein Glücksfall für den Schweizer Radsport und Sportfans.

Tour de Suisse Women an vier Tagen

Die Tour de Suisse Women – an der die Bank WIR als Premium Partner der Tour das Bergpreistrikot präsentiert – findet vom 12.–15. Juni 2025 statt mit Start der ersten Etappe in Gstaad und Ziel der letzten Etappe in Küssnacht (SZ). Weitere Details zur Strecke unter tourdesuisse.ch. Verfolgen kann man die Tour de Suisse Women bei SRF.

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