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Tour de Suisse Bergpreistrikot

Tour de Suisse: Wer macht das Rennen?

15 min.
Flury

von Daniel Flury

22 Beiträge

Schweizer Radrennfahrer haben zwar seit 1933 nicht weniger als 23-mal die Tour de Suisse gewonnen und waren damit erfolgreicher als die Italiener mit 19 Siegen. Aber seit Fabian Cancellara 2009 allen davongefahren ist, war kein Schweizer mehr erfolgreich. Bringt das Jahr 2023 die langersehnte Wende?

 

Wir haben zwei frühere Profi-Radrennfahrer nach ihren Einschätzungen gefragt: Olivier Senn, Direktor der Tour de Suisse, und Sven Montgomery, SRF-Sportkommentator und hauptberuflich Leiter des Polizeiinspektorats Köniz. Bei ihren Antworten – die Interviews wurden einzeln Anfang Mai geführt – konnten sich beide zwar auf die Resultate der Tour de Romandie abstützen, nicht jedoch auf diejenigen des Giro d’Italia mit seinen Corona-Ausfällen.

Sie haben für das Schweizer Fernsehen die Tour de Romandie kommentiert. Welche Fahrer sind Ihnen aufgefallen oder haben Sie überrascht?

Sven Montgomery: Aus Schweizer Sicht war für mich Joel Suter die positive Überraschung. Dank dem spezifischen Zeitfahrtraining mit dem Team Tudor konnte er in seiner Spezialdisziplin grosse Fortschritte erzielen.

 

Mit Fabian Cancellara hat 2009 zuletzt ein Schweizer die Tour de Suisse gewonnen. Ist die Zeit reif für den 24. Schweizer Sieg? Wen sehen Sie als Anwärter?

Olivier Senn: Reif ist sie natürlich absolut, schon länger… Aktuell sehe ich am ehesten Gino Mäder und Stefan Küng als potenzielle Kandidaten für den Gesamtsieg. Aber beide sind keine absoluten Topfavoriten – jedoch: wenn alles zusammenpasst, könnten sie durchaus ganz vorne mitfahren (Anm. der Red.: die Antwort wurde vor Mäders Corona-Erkrankung gegeben).

Sven Montgomery: Gino Mäders Corona-Pech kurz vor dem Giro-Start könnte für ihn und die Tour de Suisse schlussendlich zum Glücksfall werden. Sollte er sich bis zur Tour de Suisse gut erholen, hat er Chancen auf den Sieg.

 

Bei der Tour de Suisse Women hat Marlen Reusser Ambitionen auf den Gesamtsieg und den Sieg im Zeitfahren geäussert. Wie schätzen Sie ihre Chancen ein?

Olivier Senn: Marlen hat in den letzten zwei bis drei Jahren grosse Fortschritte gemacht und diesen Frühling ein neues Niveau erreicht. Während sie an den beiden ersten Etappen der Tour de Suisse – Rundstreckenrennen und Einzelzeitfahren – sicher ganz vorne mitfahren kann, wird es für sie in den schweren und bergigeren Etappen 3 und 4 sicher schwieriger. Es wäre natürlich top, wenn sie im Gesamtklassement ganz vorne mit dabei sein könnte.

Sven Montgomery: Da die ganz grossen Bergetappen bei der Tour de Suisse Women fehlen, hat sie realistische Chancen auf den Sieg.

 

Da die Bank WIR das Bergpreistrikot präsentiert, interessiert uns vor allem die Frage, wer sich Ihrer Ansicht nach am Schluss der Tour de Suisse dieses Trikot überziehen darf – bei den Männern wie bei den Frauen.

Olivier Senn: In beiden Rennen wird es wohl am ehesten an sehr aktive Fahrer und Fahrerinnen gehen, die sich mehrmals in Fluchtgruppen betätigen. Konkrete Namen zu nennen ist hier fast unmöglich.

Sven Montgomery: Hier muss ich bei beiden Rennen den Joker ziehen. Dies ist das Klassement, welches am schwersten vorauszusagen ist. Ich spiele mit Freunden regelmässig Prognose-Spiele an den grossen Landesrundfahrten. In dieser Wertung liege ich meistens völlig daneben.

Bergpreistrikot

Das Bergpreistrikot

Wie entscheidend für den Gesamtsieg bei den Männern ist die Königsetappe mit den Alpenpässen Furka, Oberalp und Albula?

Olivier Senn: Diese Etappe wird sicher sehr wichtig sein. Sie wird aber kaum über den Gesamtsieg entscheiden. Allerdings wird nach dieser Etappe klar sein, wer überhaupt noch für den Gesamtsieg infrage kommt. Ich gehe davon aus, dass nach dieser Etappe noch fünf bis zehn Fahrer als Gesamtsieger möglich sein werden.

Sven Montgomery: Die Etappe allein wird die Rundfahrt nicht entscheiden. Sie ist aber sicherlich ein wichtiger Meilenstein in Bezug auf das Gesamtklassement. Nur ein konstanter und kompletter Fahrer wird die Tour de Suisse 2023 für sich entscheiden können.

 

Sprinter und Zeitfahrer haben es am liebsten flach – an der diesjährigen Tour mit nicht weniger als 18 000 Höhenmetern auf 1100 Kilometern haben sie ein hartes Brot. Wie stehen ihre Chancen auf den Gesamtsieg?

Olivier Senn: Diese sind gleich null Prozent. Sprinter kommen zur Tour de Suisse, um die flacheren Etappen zu gewinnen und sich «Rennhärte» für die anschliessende Tour de France zu holen. Aber die Sprinter werden sich auf den Bergetappen wohl auch in Fluchtgruppen versuchen.

Sven Montgomery: Sprinter haben keine Chance, die Rundfahrt zu gewinnen. Ein Zeitfahrer mit Kletterqualitäten darf sich aber – wegen der beiden Einzelzeitfahren – durchaus Hoffnungen auf den Gesamtsieg machen.

Olivier Senn

Olivier Senn, Direktor der Tour de Suisse

Welche Teams – bei den Männern wie bei den Frauen – haben die besten Aussichten, die Tour zu dominieren?

Olivier Senn: Dies hängt stark von den teilnehmenden Athleten und Athletinnen ab. Bei den Männern sind jedoch die Teams Ineos, Jumbo-Visma und Bahrain-Victorious gute Rundfahrtenteams. Sie alle verfügen über starke Bergfahrergruppen. Bei den Frauen ist das Feld wohl noch offener als bei den Männern. Die stärksten Teams sind SD Worx mit Marlen Reusser, Jayco Alula, Trek Segafredo, Canyon SRAM und Trek-Segafredo.

Sven Montgomery: Das sind immer wieder ein wenig dieselben. Bei den Frauen fällt mir auf Anhieb das Team SD Worx, wo auch Marlen Reusser Mitglied ist, ein. Bei den Männern sind dies Ineos, Jumbo, Team Emirates und Soudal Quickstep, die bereits seit einer Weile die Szene dominieren.

Die Tradition des Radsports basiert auf den heroischen Athleten

Sven Montgomery
Sven Montgomery

Sven Montgomery, SRF-Sportkommentator

Sowohl in der Formel 1 wie im Radsport kennt man die Rolle des Helfers, der dem Alphatier im Team den Rücken freihält oder Vorlagen liefert. Sollte nicht eigentlich der Mannschaftssieg höher gewichtet werden als der Gesamtsieg eines einzelnen Fahrers oder einer einzelnen Fahrerin?

Olivier Senn: Die Wichtigkeit des Teams ist sicher unterbewertet. Kein Fahrer und keine Fahrerin kann die Tour de Suisse ohne ein starkes Team und starke Helfer bzw. Helferinnen gewinnen. Die Tradition des Radsports basiert jedoch auf den heroischen Athleten, der um den Sieg kämpft. Die Helfenden werden, v.a. medial, leider deutlich zu wenig berücksichtigt.

Sven Montgomery: Der Radsport ist eine Mischung aus Einzelsport und Teamsport. Schlussendlich nützt dir aber das beste Team nichts, wenn du keinen starken Leader hast. Daher ist für mich das Einzelklassement klar höher zu werten.

Wer im Tennis das Australian, das US und das French Open sowie die Wimbledon Championships im selben Jahr gewinnt, hat einen Grand Slam geschafft. Im Radsport hat noch kein Fahrer die Grand Tours – Giro d’Italia, Tour de France und Vuelta a España – im gleichen Jahr gewonnen. Eddie Merckx, Bernard Hinault und Christopher Froome gelang der Hattrick immerhin jahresübergreifend. Was macht es so schwierig, drei – oder mit der Tour de Suisse vier – grosse Radrennen in Folge zu gewinnen? Und trauen Sie es einem heute aktiven Fahrer zu, alle drei oder vier der genannten Rennen im selben Jahr oder zumindest in Folge zu gewinnen?

Olivier Senn: Eine dreiwöchige Rundfahrt zu gewinnen, bedingt spezifische Vorbereitung sowie eine grosse Erholungsphase im Nachgang. Es ist rein physisch kaum möglich, alle drei oder vier Rundfahrten auf Top-Niveau hintereinander zu fahren. Dies v.a. auch im Wettbewerb mit anderen Athleten, die sich nur auf eine einzige Rundfahrt vorbereiten – mit dem Ziel Gesamtsieg – oder sich vielleicht auf zwei der Rennen fokussieren. Es gibt einige Athleten, die das Potenzial und die Fähigkeiten haben, alle Rundfahrten zu gewinnen. Dazu gehören der Slowene Primož Roglič, der Däne Jonas Vingegaard und der Belgier Remco Evenepoel.

Sven Montgomery: Aufgrund der enormen physischen Belastung ist es fast unmöglich, die Topform von Mai bis September aufrechtzuhalten. Die Pausen zwischen den Rennen sind zu kurz, um sich genügend zu erholen und einen korrekten Neuaufbau der Kondition hinzukriegen.

Bank WIR präsentiert das Bergpreistrikot

Die WIR Bank Genossenschaft ist von 2023 bis 2025 Premium Partner der Tour de Suisse und präsentiert das Bergpreistrikot. Die Tour de Suisse ist der grösste alljährlich stattfindende Sportanlass im Land und ein Radsportfest für die breite Öffentlichkeit. Diese entspricht genau dem Zielpublikum für die Positionierung der Genossenschaft als die Schweizer Bank für Spar- und Vorsorgeprodukte.

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