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Schneller zum neuen Job durch Lohnverzicht?

3 min.
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von Holger Schimanke

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Das Durchschnittsalter der Gekündigten im Arbeitsmarkt steigt – die Vorbehalte gegen ältere Mitarbeitende sind gross. Die Stellensuche mit «50+» ist anspruchsvoll. Das sind die Erfolgsfaktoren.

In den vergangenen Monaten war sowohl von Chefökonomen wie auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband zu lesen, dass «ältere Arbeitnehmende bereit sein sollten, auf einem tieferen Lohnniveau eine Stelle anzutreten.» Genügt ein Lohnverzicht?  Die Ergebnisse unserer Kundenumfrage von 2018 unter HR-Profis zeigt, dass rund 55 Prozent diese Frage mit «Nein» beziehungsweise «eher Nein» beantworten.

Damit spiegelt das Resultat unsere Erfahrung aus der Praxis der beruflichen Neuorientierung wider: Die Stellensuche, insbesondere ab 50+ ist und bleibt anspruchsvoll, mit einem Lohnverzicht allein ist es bei weitem noch nicht getan. Welche Erfolgsfaktoren führen dann aber tatsächlich zum neuen Job?

 

Vorurteile: Typische Schubladen im Kopf

Aus unserer Outplacement-Praxis ist festzustellen, dass das Durchschnittsalter der Gekündigten steigt. Vermehrt sind auch Menschen über 55, sogar über 60 von einer Kündigung betroffen. Die Schwierigkeiten, wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren sind ab 55 spürbar grösser.

Und gegenüber «50+» gibt es viele Vorurteile:

  • Die Arbeitnehmer über 50 kosten zu viel.
  • Bei der Produktivität sind sie nicht mehr wettbewerbsfähig.
  • Der Wissensstand ist veraltet.
  • Die Offenheit für Neues fehlt.
  • Die Belastbarkeit geht zurück, die gesundheitliche Anfälligkeit steigt.

Nur: Diverse Studien bestätigen diese Vorurteile nicht. Dennoch verängstigen Schlagzeilen wie «Mit 40 gehört man zum alten Eisen!» oder «Arbeitsmarkt Ü45 – zu alt für den Job, zu jung für die Rente» sogar die unter 50-Jährigen. Zusätzlich erschweren drei wichtige Rahmenbedingungen den Widereinstieg:

  • Die anhaltende Globalisierung und die Unterstellung mangelnder Mobilität und Flexibilität den über 50-Jährigen gegenüber.
  • Die Digitalisierung schafft neue Berufe, neue Fähigkeiten werden verlangt, die den über 50-Jährigen nicht zugetraut werden.
  • Die Standardisierung der Online-Rekrutierung: Viele Bewerber über 50 erleben Absagen auf Online-Bewerbungen. Die Angaben von Alter, Geschlecht und Lohn bestätigen die auch bewerberseitig latent vorhandenen Vorurteile, keine Chance mehr zu haben.

 

Vier wesentliche Erfolgsfaktoren

Herr Marti (59) schaffte als Leiter Kommunikation den Sprung zu mehr Verantwortung mit einem 20 Prozent höheren Lohn. Frau Reber (57), Juristin, bildet sich weiter und schafft sogar einen Karrieresprung und Branchenwechsel. Sind das Ausnahmen? Generell unterstützen die folgenden vier Verhaltensregeln die Stellensuche:

  • Positive Kommunikation: Opfer haben auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Ein gutes Statement über die Trennung aktiviert das Netzwerk.
  • Netzwerk: Stellensuchende unterschätzen oft die Bedeutung der persönlichen Kontakte. Gemäss aktuellen Statistiken finden über 45 Prozent den Job über ihr persönliches Netzwerk.
  • Die Balance der eigenen Ressourcen: Stellensuche darf kein Fulltimejob sein. Die Pflege des sozialen Umfeldes und Zeit für sich selbst geben Energie. Wer dies beherzigt kann sagen, wenn es wieder losgeht: «Es war eine intensive, spannende und auch wertvolle Zeit».
  • Eine Perspektive die Freude macht: Ob Selbständigkeit oder Neuanstellung – eine eigene Vision inspiriert das Netzwerk und öffnet leichter die Tür zur nächsten Stelle.

 

Welche Rolle spielt der Lohn?

Der Widereinstieg ins Berufsleben ist sehr komplex, Lohnverzicht ist nicht die Lösung der Situation. Die grösste Herausforderung für «50+» besteht darin, die Vorurteile zu überwinden und die Chance zu einem Interview zu bekommen. Dort kann dann auch über den Lohn verhandelt werden.

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Holger Schimanke in Aktion im Campus Perspektiven in Huttwil. Der Anlass des WIR-Networks Olten-Solothurn-Oberaargau zum Thema dieses Blogartikels fand am 30. April statt.

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