Janine Stampfli ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Technik & Architektur an der Hochschule Luzern. Mit je einem Master of Science in «Business & Economics» und «Light & Lighting» ist sie Teil des interdisziplinären Teams Licht@hslu, welches von Professor Björn Schrader geleitet wird.
Was fasziniert Sie an Licht?
Janine Stampfli: Mich beeindruckt seine Vielfalt. Da gibt es zum einen biologischen Aspekte: Licht ermöglicht uns das Sehen und synchronisiert unsere innere Uhr, d. h. unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Dann gibt es auch architektonische Aspekte: Wie kann das an einem gegebenen Standort verfügbare Tageslicht bestmöglich genutzt werden? Des Weiteren technische Aspekte: Wie viel Kunstlicht und Sensorik werden für gute Lichtverhältnisse im Innenraum benötigt, und wie kann die Gebäude- und Raumautomation hierzu verwendet werden? Und nicht zuletzt gestalterische Aspekte: Wie kreiere ich eine Raumwirkung, in der sich Menschen wohlfühlen?
Licht ist auf Knopfdruck jederzeit verfügbar und tagsüber sowieso keine Mangelware – wozu braucht es Lichtgestaltung und Lichtplanung?
Es braucht sie mehr denn je, denn wir sind zu modernen Höhlenbewohnern geworden. Schon bevor das Homeoffice in unser Leben getreten ist, haben wir Studien zufolge ca. 90 % unserer Zeit in Innenräumen verbracht. Dort ist das Lichtniveau jedoch ein Bruchteil von demjenigen draussen und auch die Licht-Zusammensetzung sieht ganz anders aus. Evolutionsbedingt ist der menschliche Körper jedoch aufs Tageslicht «eingestellt». Des Weiteren verlängern wir den natürlichen Tag mit Kunstlicht. Der moderne Mensch durchlebt so einen völlig anderen Hell-Dunkel-Rhythmus als seine Vorfahren.
Sie haben das Homeoffice erwähnt – wie stellt man dort eine ausreichende Tageslichtversorgung sicher?
Am Arbeitsplatz gilt, wenn immer möglich: Vorhang auf und Rollladen rauf. Je näher man beim Fenster sitzt, umso besser, denn die Lichtmenge nimmt mit zunehmender Raumtiefe exponentiell ab. Schon ab einer Distanz von ca. 2,5 m von einem Fassadenfenster ist die Lichtversorgung unzureichend. Weil nicht 100 % des Tageslichts durch ein Fensterglas hindurchdringt, empfiehlt es sich, Fenster zu öffnen, wenn es die klimatischen Bedingungen zulassen. Des Weiteren: Die Pausen draussen verbringen, denn der für die Produktion von Vitamin D benötigte Teil der Solarstrahlung dringt durch keine Verglasung.
Ein Arbeitsplatz sollte derart eingerichtet sein, dass «genügend» Licht von vorne aufs Gesicht fällt. Einerseits reguliert das durch die Augen eintretende Licht die innere Uhr. Andererseits sorgt eine derartige Beleuchtung auch für gute Lichtverhältnisse bei Videokonferenzen. Ein Arbeitsplatz sollte ausserdem möglichst gleichmässig ausgeleuchtet sein, denn grosse Kontraste sind ermüdend für die Augen.
Ein Fenster im Blickfeld zu haben, hat noch einen weiteren Vorteil: Eine Sichtverbindung zur Aussenwelt, sodass man die Tageszeit und den Wetterverlauf erleben kann. Eine Aussicht erlaubt es zudem, in die Ferne zu blicken und die Augen zu entspannen.
Und was ist nicht zu empfehlen?
Zu vermeiden sind Spiegelungen auf dem Bildschirm – etwa dann, wenn sich ein Fenster oder eine Leuchte hinter dem Arbeitsplatz befinden – und Blendungen durch einfallendes Tageslicht. Ein Blendschutz kann bei dieser Problematik helfen. Er sollte innenliegend sein, da er vor allem im Winter – also bei tiefstehender Sonne – benötigt wird und so die solaren Gewinne genutzt werden können. Das spart Heizkosten. Idealerweise sollte der Blendschutz von unten nach oben aufgezogen werden können. So gelangt durch den oberen, nicht abgedeckten Teil des Fensters immer noch Licht in die Tiefe des Raumes.
Kann auch ein Sonnenschutz als Blendschutz verwendet werden?
Theoretisch ja. Allerdings ist es nicht ratsam, dies zu tun. Die beiden Systeme haben unterschiedliche Funktionen. Wie bereits erwähnt sollte ein Blendschutz innenliegend sein.
Beim Sonnenschutz ist es anders: Dieser muss aussenliegend sein, damit er die Sonnenstrahlen abfängt, bevor sie in den Raum gelangen. Er hat eine thermische Funktion: Er schützt vor Überhitzung und kommt somit mehrheitlich im Sommer zum Einsatz. Ideal ist eine Kombination von Blend- und Sonnenschutz.
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