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«Lex Heimatschutz»: Lösung mit drei Buchstaben

3 min.
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von Claudio Gisler

20 Beiträge
Der Nationalrat hat den Heimatschutz beim Beschaffungswesen abgeschwächt. Doch Schweizer KMU müssen sich nicht zwingend dem ruinösen Preiskampf mit ausländischer Konkurrenz aussetzen. Eine Innovation von 1934 wird aktueller denn je.

Schweizer Unternehmen haben Schwierigkeiten, mit Anbietern aus Tieflohnländern zu konkurrenzieren. Kein Wunder: Liegen doch die Schweizer Löhne und auch die sonstigen Kosten in Europa an der Spitze. Das ist insbesondere dann störend, wenn Aufträge von Bund, Kantonen oder Gemeinden aufgrund von WTO-Regeln an ausländische Anbieter vergeben werden müssen.

In Bern diskutieren die Bundesparlamentarier aktuell darüber, wie man die Beschaffungsrichtlinien so anpassen kann, dass Schweizer Unternehmen nicht benachteiligt werden und gleichzeitig die WTO-Regeln eingehalten werden. Man will «gleich lange Spiesse» schaffen. Und das ergibt auch Sinn: Schliesslich vergeben Bund, Kantone und Gemeinden zusammen jährlich Aufträge für über 40 Milliarden Franken.

Eine «gute» Lösung zu finden, scheint aber gar nicht so einfach zu sein. Aus Gewerbekreisen wurde ein Vorschlag gemacht, der als «Lex Heimatschutz» bezeichnet wurde: Man solle beim Kriterium «Preis» die unterschiedlichen Kostenniveaus in den Ländern der Anbieter berücksichtigen. Schnell wurde aber klar, dass das nicht WTO-konform ist. Konsequenterweise wurde der Vorschlag abgelehnt.

In der Diskussion ist man dann auch darauf gekommen, dass bei Ausschreibungen ja auch noch andere Kriterien zum Zuge kommen, wie zum Beispiel Kompetenz, Service, Kreativität und Pünktlichkeit. Themen also, bei denen Schweizer Unternehmen punkten können. Ob das reichen wird? Denn bei gleicher Leistung zählt ja schliesslich dann doch der Preis.

WIR – Heimatschutz pur

Eine Möglichkeit, wie sich Schweizer KMU dem ruinösen Preiskampf mit ausländischen Konkurrenten entziehen können, gibt es aber schon lange – seit 85 Jahren, um genau sein. Denn 1934 standen die Schweizer Unternehmen vor einem ähnlichen Problem. Schon damals boten ausländische Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen in der Schweiz zu Preisen an, mit denen die hiesigen Unternehmen nicht mithalten konnten.

Aber die «Gewerbler» fanden eine Lösung. Eine, die noch heute funktioniert. Und die Lösung war so einfach wie wirksam: Man bildete einen Verrechnungskreis, in dem man sich gegenseitig mit einer eigenen Währung bezahlt – dem WIR. Da es sich bei WIR um reines Buchgeld handelte, brauchte man ein spezielles Konto beim WIR Wirtschaftsring, der heutigen WIR Bank. Und dieses Konto erhielten nur Schweizer KMU.

Und es funktioniert noch heute

Weil diese Art des Heimatschutzes funktioniert hat, gibt es ihn heute noch. Im WIR-System berücksichtigen sich rund 30’000 Schweizer KMU gegenseitig bevorzugt bei der Auftragsvergabe. Sie zahlen dabei einen Teil der Rechnung in der Währung WIR, den Rest in Schweizer Franken.

Man darf davon ausgehen, dass der WIR-Anteil pro Transaktion durchschnittlich 10 Prozent ausmacht. Bei einem WIR-Umsatz von rund 1,1 Milliarden (2017) haben sich die 30’000 Unternehmen also gegenseitig Aufträge in der Höhe von 11 Milliarden Franken vergeben. Und davon ging kein Franken ins Ausland.

Mitmachen erlaubt

Natürlich ist es jeder Schweizer Gemeinde, jedem Kanton und auch dem Bund erlaubt, beim WIR-System mitzumachen. Und ja: Das wäre ein möglicher Lösungsansatz für die aktuelle Diskussion. Die Annahme eines WIR-Anteils wird in Ausschreibung als Kriterium (nicht Bedingung) aufgenommen werden. So könnten Schweizer Firmen ihren Nachteil beim Kriterium «Preis» durch den Vorteil beim Kriterium «WIR-Annahme» kompensieren.

Wenn eine Lösung so einfach tönt, hat sie sicher einen Haken. Hat sie. Man muss sie umsetzen.

Verzicht auf «Lex Heimatschutz»

Audio-Beitrag aus der Sendung «Echo der Zeit» von Radio SRF von Donnerstag, 7. März 2019.

2 Kommentare

  1. Jens Martignoni |

    Eine sehr gute Idee, die unbedingt weiter verfolgt werden sollte. WIR ist eigentlich auch ein Regionalgeld (für die ganze Schweiz) und sollte vermehrt auf die entsprechenden Vorteile hinweisen. Z.B. in Nachhaltigkeit und Klimaschutz, denn wenn z.B. Unternehmen aus Stuttgart Berlin, Warschau oder sonstwo ihre Leute, Maschinen und Materialien zum billigen Preis aber energieaufwändig in die Schweiz karren, sollte das ein Minus-Kriterium sein bei der Beschaffung. Das WIR-System könnte also vermehrt die Nachhaltigkeitskarte spielen und sich via dieser bei Gemeinden und Städten präsentieren. Am einfachsten bei solchen, die sich bereits gesetzlich dazu verpflichtet haben, sich nicht durch pseudo-„billigere“ Angebote die Umweltziele zu untergraben (z.B. „Energiestädte“). Dazu braucht es natürlich noch etwas mehr Hintergrund und Evidenz: Wie viel nachhaltiger sind lokale WIR-Unternehmen wirklich?

    Antworten
    • Claudio Gisler |

      Lieber Jens

      Das WIR-System fördert die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Das lässt sich auch relativ gut erklären. Ich hoffe zumindest, dass mir das in diesem Artikel ansatzweise gelungen ist.

      Der Nachweis von ökologischer Nachhaltigkeit durch lokales Einkaufen scheint mir etwas schwieriger. Auch nach längerem Suchen habe ich keine entsprechende Studien gefunden.

      Persönlich bin ich überzeugt, dass lokales Einkaufen einen positiven Effekt auf alle drei Säulen der Nachhaltigkeit hat. Und wenn dem so ist, dann hat eben auch WIR eine entsprechend positive Wirkung.

      Deine Idee mit den Energiestädten werden wir gerne aufnehmen.

      Liebe Grüsse
      Claudio Gisler

      Antworten

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