Krisenprophylaxe dank Online-PR
Auf Krisen kann man sich vorbereiten, zumindest ein Stück weit. Das Zauberwort heisst systematische Kommunikation – beispielsweise mit Hilfe des firmeneigenen Blogs.
Eine Krise fordert jedes Unternehmen – sie wird für die Mitarbeitenden zur Belastungsprobe. Zwar kann man sich, zumindest ein Stück weit, auf Krisen vorbereiten – mit dem Social Web sind aber neue Herausforderungen dazugekommen. Wer bereits heute systematisch online kommuniziert und ein gutes Monitoring aufgebaut hat, betreibt gleichzeitig wirksame Krisenprophylaxe.
Zur Krisenvorbereitung gehört einiges: ein gutes Online-Monitoring für die Früherkennung, der Entwurf von Szenarien, die Probe des Ernstfalls, eine aktuelle Kontaktliste und die Definition der Kommandozentrale.
«Vitamin B» hilft
Bei der externen Kommunikation haben Unternehmen längst verstanden wie wichtig es ist, gute Kontakte zu Medien und Schlüsselpersonen zu etablieren. Beziehungen, also «Vitamin B», sind nicht nur im Geschäftsalltag, sondern auch in einer Krisensituation wertvoll.
Das Social Web hat daran nichts verändert, aber es hat die Anzahl der Aufgaben erhöht. Medien haben ihre Funktion als sogenannter «Gatekeeper» ein Stück weit eingebüsst. Menschen informieren sich immer öfter via Facebook, Twitter & Co. Unternehmen müssen sich darum in guten Zeiten in diesen Netzwerken eine solide und glaubwürdige Präsenz aufbauen. Einerseits kann das in Form einer gut funktionierenden Community bei Facebook oder Twitter geschehen. Zur Pflicht gehört heute aber auch eine Website, die aktuell gepflegt, SEO optimiert und mobil erreichbar ist.
Blog als Plattform in der Krise
Immer mehr Unternehmen bauen ihren eigenen Blog mit einer wachsenden Leserschaft auf. So nutzen sie die Chance, über Hintergründe und Zusammenhänge zu berichten, welche den Sprung in die Medien nie schaffen würden. Für ihre Anspruchsgruppen hingegen sind diese Informationen aus der Nische interessant. Erkennen die Leser für sich einen Nutzen, bleiben sie auch dabei. Website und/oder Blog funktionieren als Hub und damit als Drehscheibe für die Kommunikation in den sozialen Medien.
Die meisten Unternehmen sind sich vermutlich nicht bewusst, dass sie damit beste Krisenprophylaxe betreiben. Sie bauen sich eigene, glaubwürdige Plattformen mit einem festen Leserkreis auf. In ihren eigenen Medien (owned media) bestimmen sie die Regeln und die Art und Weise der Nutzung.
So geschehen – kurzer Blick über die Landesgrenze – bei der deutschen Drogeriekette Schlecker: Als diese vor vier Jahren Insolvenz anmelden musste, war das für alle Betroffenen eine Krise. Die Verantwortlichen hatten ihre liebe Mühe, alle Mitarbeitenden in den unzähligen Filialen zu erreichen. Dort stand zwar in praktisch jedem Laden ein Faxgerät, allerdings irgendwo in einer Ecke – wahlweise verstaubt, ausgesteckt oder ohne Papier. Eine Mailanbindung gab es nicht, dafür viele Fragen von unzähligen verunsicherten Verkäuferinnen. Was tun? Schlecker hat kurzerhand den Blog zur Plattform für Mitarbeiterfragen umfunktioniert und konnte so alle Fragen an einem Ort für alle Interessierten beantworten.
Schon ein Tweet kann zur Krise führen
Immer öfter entstehen Geschichten, die in die Medien kommen nicht in der Redaktion eines Medienhauses, sondern haben ihren Ursprung im Web. Soziale Medien schaffen Transparenz, und kleine Aufreger können sich sehr schnell zu einem Shitstorm auswachsen. Aufgebracht hat diesen Begriff übrigens Sascha Lobo an der «re:publica 2010» in Berlin. Er verfügt über ein immenses Netzwerk und erfüllt alle Kriterien eines Influencers. Wenn er mit heute 388’000 Followern einen Beitrag auf Twitter teilt, sind mehrere hundert Retweets keine Seltenheit. Wird also ein einzelner Tweet von ihm aufgegriffen, dann hat dieser die Chance, innert Kürze massiv an Reichweite zu gewinnen.
Auf der nächsten Entwicklungsstufe gibt es Netzwerke wie Rivva oder Nuzzel, die Trends aufgreifen. Wird ein Link innerhalb von kurzer Zeit oft geteilt, wird er von ihnen als (ge)wichtig erkannt. Erfährt ein Thema dann online ein genügend grosses Gewicht, nehmen es auch die klassischen Medien auf. So werden Themen auch für Menschen sichtbar, welche mit den sozialen Medien «nichts am Hut» haben.
Die Community spielt eine Rolle
Wer auf Facebook versucht, eine Community in Schwung zu bringen, kann ein Lied davon singen, wie schwierig das unter Umständen ist. Nicht allen ist es ein Bedürfnis, sich ihrer Umgebung mitzuteilen. Die meisten konsumieren lieber, als dass sie selber etwas beitragen.
Die 90-9-1-Regel von Jakob Nielsen veranschaulicht das sehr gut: Von 100 Menschen ist es nur eine Person, die mit einem eigenen Beitrag aktiv wird, neun aus dieser Gruppe kommentieren, kritisieren und interagieren. Und die übrigen 90? Die sagen erst mal nichts, hören aber mehr oder weniger aufmerksam mit – und bilden sich ihre Meinung.
Die Mehrheit schweigt also. Sie ist aber immer da und beobachtet sehr genau, wie Unternehmen zum Beispiel mit reklamierenden Kunden oder auch mit sogenannten Trollen (destruktive und auf Provokation ausgerichtete Netzteilnehmer) umgehen. Sie kann aber auch plötzlich auf der Bildfläche erscheinen.
So geschehen bei dieser Geschichte hier: Ein Gast hat in seinem Salat eine lebendige Raupe gefunden. Davon hat er auf Facebook ein Video gepostet, auf dem auch die Karte des Restaurants zu sehen war. Es hat nicht lange gedauert hat, bis der Beitrag viral ging: Er wurde 22’153 mal geteilt, und 33’720 Kommentare waren die Folge.
Bei diesem Fall habe ich zwei Dinge beobachtet, die ich auf den Weg mitgeben möchte:
- Die Leute haben sehr genau beobachtet, wie lange es geht, bis das Unternehmen antwortet. Kritische Anmerkungen und Kommentare waren die Folge Gerade in einer Krise gilt: Je früher desto besser! Und sei es nur mit einer ersten Meldung: Wir haben das Problem zur Kenntnis genommen, klären ab und melden uns wieder.
- Die soziale Kontrolle hat gegriffen. Offenbar hat die Restaurantkette im Vorfeld sehr gute Kommunikationsarbeit geleistet und sich eine treue Community aufgebaut. Diese Leute waren es denn auch, die das Unternehmen gestärkt haben. Sie sahen die Raupe als Beweis für einen offenbar qualitativ hochwertigen und biologischen Salat.
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