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KMU zu sein ist wunderbar

8 min.
PR und Corporate Communication der Bank WIR

von Volker «Vloggy» Strohm

22 Beiträge

Die ValueQuest GmbH hat im Auftrag der WIR Bank die Studie zur «Zukunfts-Fitness» der Schweizer KMU durchgeführt. Geschäftsführer Bruno Catellani erzählt im Interview die wichtigsten Erkenntnisse.

Die ValueQuest GmbH hat im Auftrag der WIR Bank die Studie zur «Zukunfts-Fitness» der Schweizer KMU durchgeführt. Auf einen einfachen Nenner gebracht: Welches sind die Haupterkenntnisse? Wie gesund ist das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft?
Bruno Catellani: Die Studie zeigt in grosser Deutlichkeit, dass die KMU der tragende Teil der Schweizer Wirtschaft sind. Sie zeigt, dass die kleinen und mittleren Unternehmen mit einem starken Selbstbewusstsein unterwegs sind und wissen, dass sie täglich durch eine extreme Kundenorientierung und Flexibilität Mehrwert beim Konsumenten schaffen. Die Studie zeigt aber sicher auch, dass sich die Rahmenbedingungen für KMU verschlechtert haben und dass sie von Öffentlichkeit und Politik nicht die Wertschätzung und Unterstützung erhalten, die sie gerne hätten.

Wie haben Sie bei der Erhebung die heterogene Schweizer KMU-Landschaft unter einen Hut gebracht? Oder anders gefragt: Ist es überhaupt legitim, von der Schweizer KMU-Wirtschaft zu sprechen?
Das was in der Tat eine der grossen Herausforderungen im Setup der Studie, denn die Vielfalt der KMU ist riesig; vom 1-Personen-Unternehmen, über den lokalen Handwerker, bis zum Hightech-Unternehmen mit über 200 Mitarbeitenden läuft alles unter dem Begriff «KMU». Ich bin aber überzeugt, dass es uns gelungen ist, einen Fragebogen zu gestalten, der gut passt und einen Mehrwert für alle Befragten bringt. Inhaltlich hat mich dann doch überrascht, dass die grosse Mehrheit der befragten KMU ein sehr ähnliches Grundverständnis mit sich bringt: Extreme Kundenorientierung, Flexibilität, Pragmatismus und eine hohe Achtung vor dem Menschen, sei dies als Kunde oder als Mitarbeiter, prägen die DNA der KMU.

Sie haben grosse Erfahrung mit der Durchführung von Studien: Was hat Sie bei der WIR-KMU-Studie 2016 am meisten überrascht?
Einerseits sicherlich die Offenheit, mit der die befragten KMU geantwortet haben und Einblick in ihre Freuden, aber auch Ängste und Sorgen gegeben haben. Andererseits wie stark sich die KMU-Welt von der Grossfirmen-Welt unterscheidet, über welche die Medien ständig berichten. Für mich ist die Studie wie ein Scheinwerfer auf das stille Fundament unserer Wirtschaft, über welches kaum gross in den Medien berichtet wird. Und was wir bei ValueQuest in vielen Mitarbeiterbefragungen in KMU sehen, hat sich in der Studie ganz deutlich manifestiert: Dass KMU oft die besseren Arbeitgeber sind. In KMU werden Menschlichkeit und wertorientiertes Verhalten grossgeschrieben, was in einem ausgeprägten Vertrauen der Mitarbeitenden in das Unternehmen und die Führung resultiert.

Die Studie sei, so ist im Vorwort zu lesen, eine Reflektion von Menschen, über Menschen – für Menschen. Was ist damit gemeint?
Unser Ziel war von Anfang an, nicht irgendeine weitere Studie zu produzieren, in welcher Berater und Akademiker darüber philosophieren, wie denn zeitgemässe Strukturen und Prozesse bei KMU auszusehen hätten. Denn in den Ergebnissen der Studie ist eindrücklich zu sehen, welche Bedeutung der Mensch im System KMU hat. Er ist Dreh und Angelpunkt, als Mitarbeiter und Kunde. Im Gegensatz zu Grossunternehmen geht es nicht primär um Geld, Prozesse und Systeme, sondern um Werte, Vertrauen und Menschlichkeit. Wir haben die Studienergebnisse darum auch an vielen Orten mit 1:1-Originalaussagen, so genannten Testimonials aus der Erhebung angereichert, um einfach immer wieder zu verdeutlichen, dass es hier um Menschen geht, mit Ihren Emotionen, Freuden und Ängsten.

ValueQuest ist selbst ein KMU. Sehen Sie Ihr Unternehmen durch die Studie repräsentiert?
Absolut! Gerade das eine Testimonial trifft es wunderbar: «Wir sind sehr nahe bei unseren Kunden und am Markt, nehmen alle Anregungen an und versuchen, den Ansprüchen zu genügen. Dies ist leider aber auch unsere Achillesferse, da wir daher auch nicht standardisieren können.» Es zeigt das Spannungsfeld der KMU auf: Einerseits der tief verankerte Wunsch, für den Kunden alles möglich zu machen und die damit notwendige Flexibilität. Gleichzeitig ist diese Kundenorientierung aber auch ein limitierender Faktor, da sie nicht beliebig skalierbar ist, sondern immer an motivierte Mitarbeitende gebunden ist. Genau so geht es uns als Unternehmen. Die Studie hat mir persönlich gerade darum Mut gemacht, zu sehen, dass wir als ValueQuest mit unseren Herausforderungen nicht alleine sind, sondern dass es den meisten KMU so geht. KMU sein ist wunderbar und befriedigend, es hat aber auch seinen Preis.

Ganz spannend sind die sogenannten Geschäftsmodell-Fallen. In welche sind Sie auch schon getappt? Und wie haben Sie sich daraus befreit?
Als relativ junge Firma haben wir uns lange in der Wachstumsfalle befunden. Schnelles Wachstum, neue Produkte und Kundenleistungen haben uns extrem herausgefordert, immer eine Top-Qualität zu liefern. Das ging oft nur mit Überstunden und grossem Einsatz aller Mitarbeitenden. Oft waren Dinge chaotisch und wenig dokumentiert, was sicher auch für die Mitarbeitenden nicht einfach war. Erst durch die Anstellung weiterer Mitarbeitenden konnte das entschärft werden. In den vergangenen Jahren macht uns zunehmend die Ertragsfalle zu schaffen: Die Preise im Markt sinken und die Anforderungen der Kunden steigen. Als kleines Unternehmen empfinden wir es oft als schwierig, Änderungs- und Zusatzwünsche der Kunden adäquat zu verrechnen, denn als «typisches KMU» ist es in unserer DNA, alles zu tun, was der Kunde wünscht.

Die Studie bringt den Stolz, das Selbstbewusstsein und die Kundennähe der KMU eindeutig zum Vorschein – warnt aber gleichzeitig auch davor, diese beiden Eigenschaften zu überstrapazieren. Wie ist dies zu verstehen?
Die befragten KMU geben an, dass bedingungslose «Kundenorientierung», «Flexibilität» und «Pragmatismus» den Erfolg des heutigen Systems ausmachen. Gleichzeitig geben zahlreiche KMU an, dass der zukünftige Erfolg keine Selbstverständlichkeit ist. Darauf gefragt, welche Prioritäten sie in Zukunft setzen möchten, ist die Antwort «noch mehr Kundenorientierung», noch mehr «Flexibilität». Gerade die fünf identifizierten Geschäftsmodell-Fallen zeigen aber, dass es manchmal notwendig ist, das eigene Modell anzupassen und Dinge auch mal anders anzugehen. Ich sehe dies bei unserem eigenen Unternehmen: Es ist einfacher, noch mehr vom Bestehenden zu machen, als Dinge grundlegend zu überdenken. Ich sehe hier eine der grossen Herausforderungen für die Schweizer KMU, sich auch immer wieder neu zu hinterfragen und neu auszurichten.

Fast die Hälfte aller Befragten gab zur Antwort, dass sie mit dem Begriff «Digitale Transformation» nur mässig oder schlecht vertraut sind – 30 Prozent gehen dabei, zumindest in der Tendenz von einem Modebegriff aus, der wieder verschwinden wird. Inwieweit ist dies als Alarmsignal zu verstehen?
Ich verstehe es nicht als Alarmsignal, es verdeutlicht viel mehr den pragmatischen Ansatz, mit welchem die KMU unterwegs sind. Viele kleine und mittlere Unternehmen tun heute schon innovative Dinge, die man gut unter dem Begriff der «Digitalen Transformation» subsummieren könnte. KMU sind aber wenig an theoretischen Konzepten und umfassenden Strategien interessiert, sondern an einfachen und pragmatischen Massnahmen, die dem Kunden einen Mehrwert liefern.

Der 6. Teil der Studie heisst lapidar: «KMU – quo vadis?» Ihre Antwort mit mittel- bis langfristiger Optik?
Basierend auf den Studienergebnissen erwarten wir, dass sich die KMU auch in Zukunft positiv entwickeln werden. Die hohe Innovationskraft der KMU wird dafür sorgen, dass Schweizer KMU auch morgen noch führend sein werden. Auch tun die KMU gut daran, in Zukunft den Faktor Mensch als Basis ihres Geschäftsmodells beizubehalten. Hier differenzieren sie sich von den (internationalen) Grossunternehmen und schaffen so einen Wettbewerbsvorteil, der kaum kopierbar ist. Die Zukunft wird jedoch auch neue Herausforderungen stellen: Die Märkte werden zunehmend international, digitale Medien öffnen neue Vertriebskanäle, grössere Anbieter werden weiterhin bevorzugt werden. Durch den Zusammenschluss zu Netzwerken, wie zum Beispiel das WIR-Netzwerk und den fokussierten und pragmatischen Einsatz digitaler Technologien, können KMU jedoch diese Herausforderungen meistern. Zu hoffen bleibt auch, dass sich die Politik in Zukunft wieder vermehrt den Anliegen und Bedürfnissen der KMU annehmen wird, repräsentieren sie doch 99 Prozent der Unternehmen und 2/3 der Arbeitnehmer.

Die WIR-KMU-Studie wird künftig jährlich wiederholt, um über die Zeit zu dokumentieren, wie die Schweizer KMU-Wirtschaft den von der Digitalisierung geprägten Wandel angeht und sich fit für die Zukunft macht. Bei welchen Themen erwarten Sie für 2017 die grössten Veränderungen?
Ich erwarte keine fundamentalen Verschiebungen, denn gerade die Kontinuität ist es, was die KMU auszeichnet und auch von vielen kurzfristig orientierten Grossunternehmen unterscheidet. Die Studie 2017 bietet aber auf jeden Fall die Möglichkeit, Aspekte weiter abzutiefen. Gerade die Geschäftsmodell-Fallen, die wir dank der vorliegenden Studie identifizieren konnten, können wir genauer beschreiben und Ansätze aufzeigen, wie man diese Fallen erfolgreich überwinden kann und so als KMU auch in Zukunft erfolgreich weiterwachsen kann.

Die nächste Bestandesaufnahme liefert die WIR-KMU-Studie 2017 im kommenden Herbst. Die Ergebnisse der aktuellen Befragung können Sie als PDF herunterladen.

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