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Gourmetküche im alten Bahnhofbuffet von Baden-Oberstadt

11 min.
Vogel

von Artur K. Vogel

7 Beiträge

In historischen Gemäuern und einer behaglichen Atmosphäre bieten Gastgeber Alex Berger und Küchenchef Adrian Strub im Restaurant Oberstadt in Baden eine moderne Küche, die sich strikt an das saisonale und regionale Angebot hält. Bezahlen können die Gäste mit bis zu 100% WIR.

Wäre da nicht die moderne Anrichte, man fühlte sich direkt um hundert Jahre zurückversetzt: Das Restaurant Oberstadt in Baden sieht noch genauso aus, wie es Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, mit verziertem Wandtäfer in einem gediegenen Grauton, mit riesigen Heizungsradiatoren und einem Erker mit bemalten Scheiben. Die Wände oberhalb des Täfers sind mit Gemälden aus der Zeit mit ländlichen Motiven geschmückt. Nur der Parkettboden ist neueren Datums; der alte fiel einem Wasserschaden zum Opfer.

Tatsächlich gab es im 19. Jahrhundert eine Reihe von Schweizer Bahngesellschaften, die heftig miteinander konkurrenzierten. Deshalb entstanden in Baden zwei Bahnhöfe: der heute noch existierende mit dem ältesten noch intakten Bahnhofgebäude der Schweiz, das 1847 als Endstation der sogenannten Spanisch-Brötli-Bahn gebaut wurde. Und der Bahnhof Baden-Oberstadt.

Dieser lag an der Strecke der Nationalbahn von Zofingen nach Wettingen. Die Bahn ging schon 1878 bankrott, wenige Monate nach Eröffnung. Die Strecke Wettingen-Zofingen wurde danach von der Schweizerischen Nordostbahn und ab 1902 von der SBB noch bis 2004 betrieben.

Restaurant Oberstadt

Das Bahnhofrestaurant aus dem 19. Jahrhundert heisst heute Restaurant Oberstadt und ist denkmalgeschützt.

Vom Gourmetführer ausgezeichnet

Neben dem Bahnhof Baden-Oberstadt wurde Ende des 19. Jahrhunderts auch ein schmuckes Bahnhofrestaurant gebaut. Es steht heute noch, ist denkmalgeschützt und heisst schlicht Restaurant Oberstadt. Die Küche, die hier geboten wird, ist allerdings alles andere als altmodisch. Sie wird seit 2021 von Gault&Millau mit 14 Punkten bewertet. Diese stehen laut dem Gourmetführer für «ein sehr gutes Restaurant, das sich deutlich von der Durchschnittsküche abhebt».

Genau das schwebte Alex Berger und seinen Geschäftspartnern vor, als sie während der Coronapandemie das Restaurant übernahmen, das zuvor vier Jahre lang leer gestanden hatte. Beteiligt ist neben Berger und seinem Vater auch Tim Munz. Munz, Betreiber und Küchenchef des Restaurants Zur Heimat in Ehrendingen, wird von Gault&Millau mit 15 Punkten bewertet.

Strikt regional und saisonal

«Wir machen eine saisonale und strikt regionale Küche», sagt Alex Berger. Der 33-Jährige, der das KV und später die Hotelfachschule absolvierte, hat ein junges Team zusammengestellt. Die Küche dirigiert Adrian Strub, erst 28 Jahre alt. Er wirkte vorher im Bären in Birmenstorf AG, ebenfalls ein Gourmetlokal.

Adrian Strub bestand nicht nur die Prüfung zum Chefkoch als Bester seines Jahrgangs. Im Januar 2024 wurde er von Gault&Millau auch auf die Liste der «zehn Starchefs, die auch Veganer glücklich machen» gesetzt. «Das ist eine Anerkennung für unsere Arbeit. Dass das Oberstadt neben so vielen grossen und bekannten Namen der Schweizer Gastronomie gelistet ist, macht es für mich umso schöner», freute sich Strub damals.

Restaurant Oberstadt

Der lauschige Garten mit etlichen Separees bietet 50 Sitzplätze.

Tatsächlich gibt es im Oberstadt zwei Karten: eine für den Mittag mit Lunch-Angeboten (Suppe oder Salat und klassische oder vegane Hauptspeise) von 26.50 bis 31.50 Franken, was angesichts der gebotenen Qualität als vernünftig bezeichnet werden darf, vor allem wenn man bedenkt, dass Baden zum Grossraum Zürich gehört. Bei unserem Besuch standen unter anderem Rindsgeschnetzeltes an Eierschwämmli-Sauce, gebeizter Saibling und als vegane Alternative Randen-Schnitzel mit Cannellini-Bohnen und Grillgemüse zur Auswahl.

Restaurant Oberstadt

Das «Oberstadt»-Team im denkmalgeschützten Restaurant.

Bemerkenswerte Weinkarte

Abends werden neben À-la-Carte-Gerichten zwei Gourmet-Menüs angeboten. Mit sechs Gängen kosten sie 139 (klassisch) bzw. 119 Franken (vegan), mit vier Gängen 119 bzw. 90 Franken. «Unsere Menüs wechseln permanent», versichert Alex Berger. Die meisten Zutaten bezieht man von lokalen Bauern, mit denen das Oberstadt direkte Beziehungen aufgebaut hat. Es gibt aber auch Kaviar aus dem Tropenhaus Frutigen BE sowie Crevetten und sogar Lachs aus Schweizer Zucht.

Nur bei den Weinen schaut man über die Grenze hinaus, bleibt aber in Europa. Auch hier legen Alex Berger und sein Team Wert auf Qualität und überraschende Positionen. Die Fachzeitschrift «Vinum» hat das ebenfalls bemerkt und das Oberstadt auf die Liste mit den besten Weinkarten der Schweiz gesetzt.

Restaurant Oberstadt

Die Küche von Adrian Strub im «Oberstadt» wird seit 2021 von Gault&Millau mit 14 Punkten bewertet

Lauschiger Garten mit Separees

Bei schönem Wetter speist man im grosszügig begrünten Garten, der, wie das Restaurant selbst, rund 50 Sitzplätze bietet, Er wird von Miteigentümer Viktor Berger gepflegt und ist die lauschige Fortsetzung der behaglichen Innenräume. Für das «Badener Tagblatt» gehört er zu den «fünf schönsten Terrassen und Gärtli in Baden». Vieles, was hier spriesst, ist mehr als botanische Dekora­tion, sondern auch essbar und wird nach und nach in der Küche verarbeitet.

Bäume spenden nicht nur Schatten; in fünf von Sträuchern abgeschirmten Separees lässt sich auch etwas diskreter dinieren. «Diese Tische sind immer am schnellsten ausgebucht», bemerkt Alex Berger. Abends sorgen Bodenlampen und Lichtquellen hoch in den Bäumen mit indirekter Beleuchtung für eine verträumte Stimmung.

Obwohl das Wetter dieses Jahr sehr durchzogen war, hat der Oberstadt-Garten das Seine zu einer erfolgreichen Saison beigetragen. «Der Sommer lief sehr gut», freut sich Gastgeber Berger.

100% WIR

Das Restaurant Oberstadt in Baden ist mittags von Mittwoch bis Freitag zwischen 11.30 und 14.30 Uhr geöffnet, abends von Mittwoch bis Montag ab 18.00 Uhr. Von Zeit zu Zeit werden Surprise-Abende veranstaltet.

Das «Oberstadt» akzeptiert seit Kurzem 100% WIR. Gastgeber und Mitinhaber Alex Berger hatte WIR schon im Hotel Limmathof in Baden kennengelernt, wo er früher arbeitete. Ausgeben will Berger sein WIR-Geld zu einem kleineren Teil bei Lieferanten, zum grösseren für Investitionen in der Küche und für die Ausstattung.

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